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03.10.14

Wendesplitter aus Rebesgrün - Zum Tag der Deutschen Einheit


Herbst 1989.

Eine gedrückte Stimmung lag über der damaligen DDR. Auch in Rebesgrün war dies zu spüren. Schuld daran waren neben der allgemeinen Unzufriedenheit mit dem politischen System in der damaligen DDR auch die Ereignisse u.a. in der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Prag und die von dort kommenden Züge mit ausreisewilligen DDR-Bürgern, die durch unsere Region rollten. Sie zeugten vom Freiheitswillen der Ostdeutschen. Ein Wort machte damals die Runde: Hof Gleis 8. Wer wollte das nicht!

Keiner wusste, wie es mit der vorherrschenden Situation weitergehen sollte. Viele Menschen, so auch wir, stellten Kerzen in die Fenster als Zeichen eines gewaltfreien Widerstandes. Dann kam der Oktober 1989. Viele Rebesgrüner beteiligten sich an der ersten Demonstration in Auerbach. Meine Frau und ich waren auch dabei. Es lief uns heiß und kalt den Rücken hinunter, demonstrierten wir doch erstmals in unserem Leben und in einem Land, dessen politisches System festgezurrt schien. “Wir sind das Volk“ erklang es auf der Kaiserstraße in Auerbach und u.a. das für uns unvorstellbare “Die Mauer muss weg„ aus Tausenden von Bürgerkehlen.

Dann kam der November 1989: Die Mauer in Berlin fiel. Erleichterung und unbeschreibliche Freude, die Zukunft der DDR – unklar.

Im Frühjahr 90 hatte der damalige CDU-Kreisvorstand Kontakt zum Verlag der Zeitung „Frankenpost“ in Hof. Jeweils sonnabends wurden die Zeitungen, auf die die Leute so scharf waren, in Hof geholt und in Auerbach auf die einzelnen Ortsverbände aufgeteilt. Auch Rebesgrün bekam seinen Anteil, den ich mit unserem „Wartburg“ holte. Keiner durfte wissen, was im Kofferraum lag, sonst wär ich nicht in unser Grundstück gekommen. Von dem Rebesgrüner Anteil war ich gebeten, erstmal einen Teil der Zeitungen in unserer Wohnung zu stapeln für Leute, die sich aus bestimmten Gründen nicht anstellen, aber unbedingt eine Zeitung haben wollten. Die kamen dann nachmittags zu mir, um die Zeitung zu holen..
In unserem Ort wurden die Zeitungen – man höre und staune – in der Bäckerei verkauft. Der damalige Bäckermeister Hilmar Knoll stellte unproblematisch am Sonnabendvormittag den Verkaufsraum seiner Bäckerei auf der Rodewischer Straße zur Verfügung. Eine Dreiviertelstunde vor Verkaufsbeginn ( 10.00 Uhr ) bildete sich um das Nachbargrundstück Kunz herum eine riesige Schlange von Menschen, die auf die Zeitung aus Hof warteten - einfach unvergessliche Erlebnisse, leider ohne Foto, so aufregend war die Zeit damals.

Nun ging es auf den Monat Mai zu, dem Monat der ersten freien Wahlen in der DDR. Der CDU-Ortsverband Rebesgrün organisierte eine Wahlveranstaltung mit dem Kandidaten der CDU des damaligen Kreises Auerbach für die Volkskammer der DDR, Dr. Bertram Wieszcorek. Die Veranstaltung fand im Saal des Ferienheimes „Glück auf" der damaligen Gaststätte unseres Ortes statt. Mit viel CDU-Werbematerial war der Raum geschmückt. Auf den Tischen lag der Teil des Textes des Deutschlandliedes, der am Ende von den vielen anwesenden Bürgerinnen und Bürgern gesungen wurde – Freiheit und Demokratie – die noch sehr junge Pflanze in der damaligen DDR begann auch in Rebesgrün zu wachsen.

Das Leben musste aber auch in den Zeiten des Umbruchs weitergehen, wenn auch mit erheblichen Unklarheiten behaftet. Endlich wurde es in sehr geschickt geführten Verhandlungen des damaligen Bundeskanzlers der Bundesrepublik, Dr. Helmut Kohl, mit den Großmächten der Welt erreicht, dass sich die beiden Teile Deutschlands wiedervereinigen durften.

So ging es auch in Rebesgrün auf den Tag der Wiedervereinigung Deutschlands am 3. Oktober 1990 zu. In der Nacht vom 02. zum 03.11.1990 geschah bei uns Folgendes:

Rückblende.: Während unserer ersten Fahrt in die Freiheit nach Hof kauften wir uns die Kassette mit dem Zapfenstreich der Bundeswehr. Diese Kassette enthielt u.a. den Choral „Ich bete an die Macht der Liebe“ und die Nationalhymne der Bundesrepublick, das „Deutschland-Lied“. In besagter Nacht wurde nun bei uns in der Hauptstrasse auf dem Boden das ehemalige DDR-Tonbandkassettengerät „annett“ in Stellung gebracht und auf dem Dach zwei Lautsprecherboxen montiert. Pünktlich um 00.00 Uhr erschallte zunächst der Choral und anschließend die Nationalhymne eben von besagter Kassette über die Dächer von Rebesgrün – der Tag der deutschen Wiedervereinigung begann. Die Nachbarn eilten herzu mit schwarz-rot-goldenen Fahnen. Der Jubel war unbeschreiblich. Wir alle waren irgendwie angerührt und froh und dankbar, dass alles so abgelaufen ist.

Nun ging das Leben im „neuen“ Land weiter und wir alle wurden massiv durch Flexibilität, Veränderung auf jedem Gebiet und Leistungsdruck gefordert.

Viele Jahre nach der Wende erfolgte durch einen Beschluss des Gemeinderates die Eingemeindung nach Auerbach. Wer daran mitwirken konnnte, der hatte Anteil an einer wahrhaft historischen Entscheidung für die Zukunft unseres Ortes. Unmittelbar nach dem Eingemeindungsbeschluß drehten sich in Rebesgrün die Bagger. Die Umgestaltung und Modernisierung unseres Ortes begann. Zunächst wurde die Umgehungsstrasse als richtige Zufahrt zum Gewerbegebiet und vorgezogener Teil der späteren Göltzschtalumgehung gebaut. Dann folgten der Bau des Abwassersammlers in der Hauptstraße und die Hauptstraße selbst.

Unser Ort war noch nie so schön wie heute.

Friedemann Frank, im August 2007